Pro // Contra

Wählen ab 16?

Zwei wirklich\\wahr-Redakteure diskutieren die Frage, ob das Wahlalter im Saarland auf 16 Jahre gesenkt werden sollte. „Die fehlende politische Mitbestimmung von Jugendlichen führt zu Politikverdrossenheit“, meint Paul Langer. Dagegen fände Maximilian Kuntz es fragwürdig, das Recht zur Stimmabgabe von der Volljährigkeit zu lösen.

Pro

Demokratie leben und schon früh lernen – eigentlich ein großer Eckpfeiler der saarländischen Landespolitik. Und dass die Heranführung von jungen Menschen an den Staat im Saarland auch durchaus fraktionsübergreifend gewollt ist, zeigte im August 2021 die Änderung des 47 Jahre alten Schulmitbestimmungsgesetzes. Die Auseinandersetzung mit Demokratie wird also großgeschrieben. Politikunterricht gibt es im Saarland auch schon ab der Jahrgangsstufe 9, in einem Alter von 14 oder 15 Jahren. Die Grundlagen für eine fundierte Wahlentscheidung sind somit bis zum 16. Lebensjahr vorhanden. Damit befinden sich 16- und 17- jährige Schüler*innen in einem sehr guten demokratischen und bildungspolitischen Umfeld. 

Auch für Schüler*innen, die nach der 9. oder 10. Klasse die Schule verlassen haben, ist dieses Bildungsumfeld noch sehr präsent. Zudem zahlen sie während ihrer Ausbildung Steuern an den Staat – ohne auf deren Verwendung durch Wahlen politischen Einfluss nehmen zu können. Und dass sich Jugendliche politischen Einfluss wünschen, haben sie in den letzten Jahren auf „Black Lives Matter“- und „Fridays for Future“- Demonstrationen bewiesen. 

Trotzdem können Jugendliche immer noch nicht die saarländische Kommunal- und Landespolitik durch ihre Stimme beeinflussen. Vor allem die Saar-CDU hat ihnen diese Möglichkeit bisher immer verwehrt und möchte ihren Standpunkt auch nicht ändern. Elf andere Bundesländer haben bereits das Wahlrecht für Kommunalwahlen auf 16 Jahre abgesenkt. Vier davon haben das Wahlrecht mit 16 sogar zusätzlich für Landtagswahlen festgelegt. Auch die Ampel-Koalition im Bund plant, jungen Menschen ab 16 Jahren die Stimmabgabe bei der Bundestagswahl zu ermöglichen 

Die noch fehlende politische Mitbestimmung von Jugendlichen im Saarland führt unter anderem zu Politikverdrossenheit. Die trägt nicht gerade dazu bei, dass das Saarland den Verlust vieler junger Menschen an andere Bundesländer in den Griff bekommt. Wäre da nicht ein politisches Mitspracherecht von Jugendlichen der richtige Schritt, um junge Menschen wieder für das Saarland zu begeistern? 

Natürlich wird man nicht erreichen können, dass alle 16- und 17-Jährigen zur Wahl gehen. Aber machen das denn alle 18-Jährigen? Dazu sage ich nur: 69,7 Prozent Wahlbeteiligung bei der letzten saarländischen Landtagswahl. Liebe zukünftige Abgeordnete, bitte ignorieren Sie nicht weiterhin die Stimme der Jugendlichen. Lassen Sie nicht nur deren politisches Interesse, sondern auch deren Mitbestimmung zu!

Die Meinung von Paul Langer.

Contra

Es geht keineswegs darum, der jungen Generation politisches Interesse abzusprechen. Viele junge Menschen beschäftigen sich speziell mit Blick auf die gigantischen Herausforderungen des Klimawandels oder der Digitalisierung sogar mehr mit Politik als ältere. Dennoch gibt es in meinen Augen gute Gründe, gegen eine Absenkung des Wahlalters auf 16 Jahre zu sein. 

Das erste Argument liegt in den Lehrplänen der Schulen. Es ist kein Geheimnis, dass es Schulen und Lehrkräfte nur noch schwer schaffen, Schülerinnen und Schülern die Zusammenhänge in einer zunehmend komplexen und rasanten Welt zu vermitteln. Dies trifft vor allem auf die Mittelstufe zu, weshalb die Oberstufe oder alternativ die Berufsschulen einen wichtigen Part in der Entwicklung einer fundierten politischen Auffassungsgabe einnehmen. 

Hinzu kommt, dass das Fach Politik nicht von Beginn an ein Bestandteil des Schulunterrichts ist und erst spät ein verpflichtendes Unterrichtsfach wird. Bei einem Wahlrecht ab 16 Jahren würde dies bedeuten, dass die Jugendlichen zum Zeitpunkt der Wahl im Unterricht nur wenig mit politischen Inhalten in Berührung gekommen sind. 

Nun mag es sicher der Fall sein, dass sich viele Schülerinnen und Schüler außerhalb der Schule eine politische Meinung bilden. In Zeiten von Fake News und einer überwiegend über die sozialen Medien ablaufenden Meinungsbildung halte ich es allerdings für wichtig, die zusätzlichen Jahre bis zur Erreichung der Volljährigkeit zu nutzen.  

Das wichtigste Argument ist jedoch, dass zwischen dem Beginn der Volljährigkeit und dem Wahlrecht ein berechtigter Zusammenhang besteht. Mit Erreichen der Volljährigkeit erhält man zahlreiche Rechte wie beispielsweise die Geschäftsfähigkeit und die Möglichkeit, alleine Auto zu fahren. Gleichzeitig gehen damit aber auch Pflichten einher und man ist mit 18 Jahren ausschließlich selbst für sein Handeln verantwortlich. Weshalb also sollte das Wahlrecht von der Volljährigkeit losgelöst werden? Sollten 16-jährige dann auch schon Auto fahren oder voll strafmündig sein? Diese Diskussion kann gerne geführt werden, sollte sich dann aber auf die Volljährigkeit insgesamt beziehen. 

Schülerinnen und Schüler können und sollen ihre Sorgen und politischen Themen schon früh lautstark zur Geltung bringen. Dies muss für unter 18-Jährige aber nicht gleich mit dem Wahlrecht einhergehen. Die Politik sollte sich vielmehr Gedanken darüber machen, wie sich junge Menschen beispielsweise in Form von flächendeckenden Jugendparlamenten politisch einbringen können. 

Die Meinung von Maximilian Kuntz.

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„wirklich\\wahr“ ist das junge Magazinformat der Medienebene e.V., dem jungen Medienverband im Südwesten.


Die Ausgabe \\wahlen zur Landtagswahl im Saarland 2022 wird gefördert von der Union Stiftung, Stiftung Demokratie Saarland, Villa Lessing & der Landeszentrale für politische Bildung Saarland.