Das Saarland steht
vor einem Berg von Problemen

Das Saarland steht vor einem Berg
von Problemen

Überall fehlt das Geld, die Bevölkerung schrumpft und die Industrie kämpft ums Überleben. Die Parteien müssen im Wahlkampf Antworten auf existenzielle Fragen für das Land liefern.

Seit März 2020 kennt das Saarland vor allem ein Problem: Corona. Doch wenn die Pandemie einmal verschwunden sein wird, sind die Probleme des Landes noch lange nicht verschwunden. Denn das Bundesland hat noch mit ganz anderen Herausforderungen zu kämpfen. Sie werfen die Frage auf, wie lebenswert das Land gerade für junge Menschen in Zukunft noch sein wird.

 

Da wäre zum einen die seit Jahrzehnten anhaltende Finanzschwäche des Landes, seiner Städte und Gemeinden. Andere Bundesländer können sich pro Einwohner gerechnet höhere Ausgaben leisten, zum Beispiel für Schulen, Hochschulen, Straßen, Krankenhäuser, die Polizei oder Schwimmbäder. Das stellt natürlich ein großes Problem für die Attraktivität des Landes dar, gerade für junge Menschen. Einfach mehr Geld auszugeben und dafür Schulden aufzunehmen, ist nicht möglich, weil die Schuldenbremse im Grundgesetz die Bundesländer dazu zwingt, ihre Haushalte auszugleichen. Ausnahmen gibt es nur für Naturkatastrophen, schwere Wirtschaftseinbrüche und Pandemien. Die Corona-Pandemie hat die finanzielle Situation des Landes noch verschärft, weil nicht nur die Einnahmen eingebrochen sind, sondern an allen Ecken und Enden auch zusätzliche Ausgaben zur Unterstützung der Betriebe oder der Kliniken erforderlich wurden.

 

Das zweite Problem des Saarlandes ist die demografische Entwicklung. In den vergangenen 25 Jahren hat das kleine Saarland 100.000 Einwohner verloren (aktueller Stand: 983.000). Ohne die starke Zuwanderung aus Syrien und Osteuropa sähe es demografisch noch düsterer aus. Bis zum Jahr 2040 wird die Einwohnerzahl nach Berechnungen von Experten um weitere knapp 100.000 sinken. Viele junge Menschen verlassen das Land, weil sie andernorts bessere berufliche Chancen haben (auch wenn ein Teil von ihnen später wieder zurückkommt). Im Saarland fehlen vor allem Jobs für Hochqualifizierte. Zwar bieten große Industriebetriebe in ihren saarländischen Werken viele und auch gutbezahlte Jobs für Facharbeiter, doch es handelt sich vor allem um Filialen von Betrieben, während Firmenzentralen mit gut bezahlten Jobs im Management oder in Bereichen wie Forschung und Entwicklung und Marketing im Saarland nach wie vor Mangelware sind. Es gibt auch zu wenige Selbstständige. Hier liegen die Hoffnungen vor allem auf Ausgründungen aus den großen IT-Forschungseinrichtungen.

 

Das dritte Problem ist der ständige Strukturwandel der Wirtschaft. Der Steinkohlebergbau, der über Jahrzehnte hinweg Zehntausenden Menschen Lohn und Brot gab, endete vor zehn Jahren. Noch immer ist die Industrie mit ihren gut bezahlten Jobs das Rückgrat der regionalen Wirtschaft. Vor allem die Automobilindustrie (44.000 Arbeitsplätze) und die Stahlindustrie (13.000 Jobs) prägen die Arbeitswelt des Saarlandes und nicht zuletzt den Ausbildungsmarkt für junge Leute. Ausgerechnet diese Industriezweige stehen aber unter großem Druck, denn sie sind nicht gerade klimafreundlich. Die Jobs in der Automobilbranche im Saarland hängen zum großen Teil am Verbrennungsmotor, der ein Auslaufmodell ist (siehe das Ford-Werk in Saarlouis, dessen Zukunft ungewiss ist). Die Stahlindustrie leidet unter Billigstahl-Importen aus Fernost und als großer CO2-Emittent auch unter EU-Klimaschutzvorgaben. Das Saarland hat keine Wahl: Wenn es eine Zukunft haben will, muss der Strukturwandel hin zu klimaneutralen Autos und grünem Stahl funktionieren – koste es, was es wolle. Und es wird viel Geld kosten. Alles andere wäre eine Katastrophe.

 

Die drei hier noch kurz beschriebenen Probleme des Saarlandes verstärken sich gegenseitig, das ist das Schwierige. Fehlt zum Beispiel Geld für die öffentliche Infrastruktur, wandern Menschen ab. Weniger Einwohner bedeuten weniger Steuereinnahmen – ein Teufelskreis. Gelingt der Strukturwandel nicht, wandern noch mehr Menschen ab und das Saarland wird zum Altenheim der Republik. Es steht also viel auf dem Spiel für das Saarland. Im Wahlkampf ist daher die passende Gelegenheit für die Parteien, ihre Vorstellungen zur Zukunft des Landes zu präsentieren – deshalb haben wir die Spitzenkandidaten der relevanten Parteien dazu befragt.

 

Daniel Kirch

 

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