Politik ist für Jugendliche momentan so, als würden sie sich von Erwachsenen ein Eis kaufen lassen. Nach der Sorte werden sie dabei aber nicht gefragt. Sie bekommen das, wovon der Holende überzeugt ist, dass es ihnen am besten schmeckt. Auch bei der Landtagswahl in diesem Jahr haben Jugendliche keine andere Wahl. Denn Wählen ist erst ab 18 erlaubt. So bleibt Jüngeren nichts anderes übrig als sich den Gesetzen der Älteren zu unterwerfen.
Zugegeben mag das bei jüngeren Kindern gut sein, aber was ist zum Beispiel mit 16-Jährigen? Ab wann sollte man eigentlich wählen dürfen – und zu was sind Wahlen überhaupt gut?
Der eigenen Stimme Gewicht verpassen, etwas bewegen, wirst du denken. Oder dich überkommt Langeweile, warum du dir den Stress einer Wahl überhaupt machen sollst. Dabei sind Wahlen in erster Linie eigentlich „nur“ ein Werkzeug der Legitimation. Nicht nur für die Politiker:innen, die in unserer repräsentativen Demokratie in den Parlamenten sitzen, sondern auch für die Wählenden selbst. Wahlrecht für 16- und 17-Jährige würde dementsprechend bedeuten, dass diese aktiv am politischen Prozess teilnehmen können. Was sie daraus thematisch machen, darf dabei zunächst keine Rolle spielen, ungeachtet der politischen Ausrichtung und ungeachtet dessen, wie gut ihre politische Bildung ist.
Letzteres darf schon gar kein Grund sein, Jugendliche von der Wahl auszuschließen, weil Erwachsene diesen Maßstab schließlich auch auf sich anwenden müssten. Keiner hätte Lust, einem dementen Rentner oder einer politisch völlig uninteressierten 50-Jährigen zu erklären, warum er oder sie plötzlich nicht mehr wählen gehen darf. Die politische Bildung ist ein Qualitätsmerkmal einer Demokratie, jedoch keine Voraussetzung, an dieser teilzunehmen.
Wichtig ist allerdings, dass man die Wahlaltersenkung nicht durchführt, um ein politisches Ziel außerhalb von Protesten auf Straßen zu erreichen oder sie verhindert, um eine Bewegung zu unterdrücken. Die Legitimation einer Gruppe zur Wahl darf nicht daraus entstehen, was sie macht und was sie denkt. Die Chance ist zwar hoch, dass jüngere Menschen eher grün wählen, das darf aber nicht der Grund dafür sein, dass sie das Wahlrecht erhalten. Klar, der Klimaschutz ist wichtig. Aber ihn als Argument einzubringen, um 16- und 17-Jährige wählen zu lassen, würde Jugendliche instrumentalisieren und der Glaubwürdigkeit unserer Demokratie schaden. Denn dann stünden nicht mehr die jungen Menschen im Vordergrund bei der Senkung des Wahlalters, sondern es ginge nur noch um ein größeres Ziel. Ganz nach dem Motto: Früher wählen nicht für die Jugend, sondern für den Klimawandel. Außerdem: Was würde passieren, wenn diese höheren Ziele erreicht wären? Würde die Gruppe ihr Wahlrecht dann wieder verlieren, würde es ihr nur so lange ausgeliehen?
Nein, die 16- und 17-Jährigen haben etwas Besseres verdient! Nämlich ein Wahlrecht mit voller Anerkennung als Bürger:innen und nicht als Protobürger:innen, welche erst zu einem Erwachsenen werden müssen. Gerade während Corona gehörten die jungen Menschen zu den am stärksten betroffenen Gruppen. Und gerade sie müssen in den nächsten Jahren Unglaubliches bewegen und einen ungeheuren gesellschaftlichen und ökonomischen Wandel mittragen. Wäre da nicht der erste Schritt, ihnen die Chance zu geben, als Gleichgesinnte mit “den Alten” darüber zu entscheiden, wie dieser Wandel aussehen soll?
Eins muss klar sein: Mit dem Recht, wählen zu dürfen, kommen auch Pflichten. Wahlrecht bekommen – und dann nichts tun – ist definitiv keine Lösung. Das wäre, als dürftest du dir das lang ersehnte Eis endlich selber kaufen – und liegst dann lieber faul zuhause rum.
Und dir sollte auch bewusst sein: Mit deiner Stimmabgabe allein wirst du nichts verändern. Dafür ist die Gruppe der 16- und 17-Jährigen einfach zu klein, um rein auf Masse zu vertrauen. Wir müssten weiterhin alle Wege nutzen, unseren politischen Willen kund zu tun. Aber ein Wahlrecht ab 16 wäre ein Anfang, um einfach mal zu sagen: Ja, du kannst und darfst mitmachen und das bewegen, was dir wichtig ist.