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„Eine Absage an ein nachhaltigeres Saarland“

„Eine Absage an ein nachhaltigeres Saarland“

Ein Kommentar von Simon Herz

Noch einen Gang höher schalten - Was der saarländische ÖPNV noch verbessern muss

„Bus- und Bahnfahren im Saarland ist seit dem 1. Juli 2021 günstiger und einfacher,“ das verspricht die Webseite des saarländischen Verkehrsverbands SaarVV.

wirklichwahr-Redakteur Simon Herz - Foto: Medienebene e.V. / Michael Braunschädel

So ganz stimmt das aber nicht. Vielfahrer profitieren von den vergünstigten Preisen: Die landesweit geltenden SchlauVV Monatsabos bieten ab 39 Euro faire Angebote für Berufspendler, Schüler und Auszubildende. Hinzu kommt eine vergünstigte Tageskarte für 8,80 Euro. Die Preise für Einzelfahrten wurden aber nicht geändert, Gelegenheitsfahrer gehen leer aus. Eine verpasste Chance, sind es doch die Gelegenheitsfahrer, die man durch ein besseres Angebot dazu überzeugen könnte, öfter mit Bus und Bahn zu fahren. Doch der Preis bleibt weiterhin unattraktiv. 


Das wesentliche Problem ist hier das Wabensystem, das die Preise bestimmt. Je mehr Waben man bei der Fahrt durchfährt, desto teurer wird die Fahrt. In den Großwaben Saarbrücken und Völklingen fährt man für faire 2,40 Euro, aber im Rest des Saarlandes bringt ein unnachvollziehbar kleinteiliges Wabensystem das Preis-Leistungsverhältnis aus dem Gleichgewicht. Ein mahnendes Beispiel stellt Saarlouis dar: Hier zahlt man für eine Einzelfahrt vom Hauptbahnhof zum Busbahnhof im Stadtzentrum 3,20 Euro, da beide Orte in unterschiedlichen Waben liegen. Die Zusammenlegung kleiner Waben und Erschließung neuer Großwaben würde den saarländischen ÖPNV preislich deutlich verbessern.

Es gibt jedoch ein weiteres Problem, über das auch eine Preissenkung nicht hinwegtäuschen kann: Der schlechte Linienausbau. In vielen Gemeinden und Dörfern kommt der Bus nur ein bis zwei Mal am Tag, samstags und sonntags gar nicht. Die Möglichkeit, statt dem eigenen Auto mal den Bus zu nehmen, wird also gar nicht erst gegeben. Wenn doch mal ein Bus kommt, verbindet dieser eine große Anzahl von Gemeinden, so dass die Fahrt in die nächste Stadt auch mal eine ganze Stunde dauern kann. So kommt es, dass im Saarland der Führerschein zum Status Quo und der Besitz eines eigenen Autos zur Notwendigkeit wird, denn anders kommt man oft nicht an sein Ziel. 2019 hatte das Saarland laut dem statistischen Bundesamt mit 640 Pkws auf 1000 Einwohnern die höchste PKW-Dichte in ganz Deutschland. Ohne größere und konsequentere Reformen des saarländischen ÖPNVs wird sich an dieser Zahl wohl auch nichts ändern – eine Absage an ein nachhaltigeres Saarland.

Ein Kommentar von Simon Herz.

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